E-Mail ist und bleibt nicht totzukriegen

E-Mail ist und bleibt nicht totzukriegen

Allen Attacken aus der (Instant-)Messaging-Ecke zum Trotz bleibt die E-Mail eine zentrale Säule der beruflichen Kommunikation.

Bis Ende 2019 soll es weltweit mehr als 2,9 Milliarden E-Mail-Nutzer geben, die dann jeden Tag mehr als 246 Milliarden E-Mails senden und empfangen (2015 waren es noch 205 Milliarden). Weil wir ohnehin jetzt schon in zu vielen Mails umkommen, bieten sich hier jede Menge Möglichkeiten für alternative Austauschplattformen von Slack und Yammer über Facebook Messenger, Hipchat und Kik bis hin zu Google Hangouts. Trotz aller Spekulationen über den nächsten „E-Mail-Killer“ ist aber ein solcher bis dato noch nicht in Sicht und die Jahrzehnte alte Kommunikationsform weiterhin relevant.

Dass unsere Postfächer neben beruflich relevanten Nachrichten auch von Witzen und Werbebotschaften überquellen, hat schon manchen Nutzer in den E-Mail-Bankrott getrieben und dazu geführt, dass wir ein gelegentliches „Inbox Zero“ feiern und herausposaunen. Wir beschweren uns, dass Anbieter wie Microsoft, Google oder Yahoo nicht genug unternehmen, um E-Mail besser zu machen. Was aber auch nicht so einfach ist, wie viele glauben. Und während wir Apps feiern, die eine Milliarde Nutzer pro Monate erreichen oder in neue Bereiche unseres Alltags vorstoßen, übersehen wir allzu leicht, dass diese mit unseren E-Mail-Adressen als universellem „Ausweis“ für all unsere Dienste verknüpft sind, wie Ken Yeung in einem Feature bei „VentureBeat“ treffend bemerkt.

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Aktuelle Umfragen deuten demnach darauf hin, dass jüngere Menschen immer weniger zu E-Mail greifen und stattdessen über andere, vermeintlich modernere Kanäle wie SMS und Instant Messaging kommunizieren. Was aber keineswegs bedeuten muss, dass E-Mail nun zum Tode verurteilt wäre. „Das Problem mit Messaging ist, dass es sich um ein nicht ausgereiftes System handelt“, erläutert Jeff Bonforte, seines Zeichens Senior Vice President for Communications Products bei Yahoo und durch die Übernahme von Xobni zu dem Internet-Urgestein gekommen. Bei Yahoo ist er sowohl für den Webmail-Dienst mit 280 Millionen Konten als auch für die hauseigene Messaging-App zuständig. „Ihre Inbox ist das einzige universelle Identitäts-System, das über alle Systeme hinweg funktioniert und das die Menschen als Datenbank immer bei sich haben können.“

Bonforte kann allerdings gut verstehen, dass sich Menschen von ihrem überquellenden Posteingang schier erdrückt fühlen, und weiß darum, dass in Bereichen wie Spam-Filterung und Suchmöglichkeiten dringender Handlungsbedarf für die Anbieter besteht. Schon sein Kollege und früherer Yahoo-Entwicklungschef Peter Monaco hatte das Konzept eines „Kommunikations-Graphen“ ins Spiel gebracht, bei dem jede E-Mail-Nachricht auf verschiedene Aspekte wie Personen, Mail, Dokumente, Fotos, Einkäufe oder Reisen hin untersucht und indexiert wurde. Mittlerweile beackert das Unternehmen diese auf mehr als 50 Petabyte angewachsene Datenbank mit enormem Machine-Learning-Aufwand, um daraus Mehrwert für seine E-Mail-Kunden zu generieren.

In zwei Jahren soll das hochgradig komplexe Projekt abgeschlossen sein. Ein Startup könne das nicht so einfach nachbauen, glaubt Monaco. „Dazu muss man ein Konzern im Internet-Maßstab sein“, mit Technik aus dem Regal könne man ein solches System nicht bauen. Längerfristig will Yahoo über die reine E-Mail-Suche hinaus noch weitere verbundene Dienste wie Flickr, Dropbox, Google Drive oder die Amazon-Cloud mit einbinden und alle Dateien mit indexieren, die der Nutzer dort gespeichert hat, um sie in die Suchergebnisse mit einfließen zu lassen und den Discovery-Prozess weiter zu vereinfachen.

Harmonische Koexistenz von E-Mail und Messaging

Jedoch buhlen neben dem Posteingang immer mehr konkurrierende Services um die Gunst des Nutzers. Bei diesen muss man sich zwar zunächst mit seiner E-Mail-Adresse identifizieren, danach findet die Aktivität aber neumodisch in einer App statt. Stewart Butterfield, Mitgründer und Chef von Slack, witzelte über E-Mail schon als die „Küchenschabe des Internets“ und sieht die Schwachpunkte des Oldies speziell im Bereich Teamkommunikation. „Firmen haben mittlerweile die Wahl und müssen für ihren Aktivposten Belegschaft nicht den kleinsten gemeinsamen Nenner hernehmen“, sagt Slacks Marketing-Chef Bill Macaitis. Den Umstieg von Mail zu Messaging bezeichnet er als natürliche Evolution oder Übergang. „Es wird eine Landschaft geben, in der E-Mail und Messaging harmonisch zusammenarbeiten“, so Macaitis weiter. Ein zentrales Element der Strategie von Slack ist dabei die Integration mit Third-Party-Anwendungen, früher in diesem Jahr wurden bereits mehr als 280 unterstützt.

Peter Martinazzi, Director of Product Management für den Messaging-Dienst von Facebook, sähe es natürlich am liebsten, wenn Menschen und Firmen den Facebook Messenger als bevorzugten Kommunikationskanal wählen würden. Im Vorteil sieht er seine Plattform unter anderem, weil er sie emotionaler findet. „Wenn ich den Messenger aufmache, dann freue ich mich, weil ich dort Gesichter sehe. Das ist einfach anders. E-Mails fühlen sich an, als gäbe es da Aufgaben zu erledigen. Das hat nicht das Leben und die Sicht auf die Menschen wie Messaging.“ Facebook versucht den Messenger ähnlich wie WeChat und andere vornehmlich asiatischstämmige Apps wie Line oder Kik als allumfassende Kommunikationsplattform zu positionieren. Facebook Messenger und das gleichfalls zu Facebook gehörende WhatsApp verarbeiten derweil zusammen bereits mehr als 60 Milliarden Nachrichten täglich, drei Mal mehr als SMS verschickt werden.

Für das Instant Messaging braucht man sich keine E-Mail-Adressen zu merken und das Senden einer Nachricht mag sich auch mehr wie eine Unterhaltung im wirklichen Leben anfühlen. Dafür haben Messaging-Apps bei der Organisation und Suche ihre ganz eigenen Probleme – und sollte ein Anbieter aus was für Gründen auch immer dichtmachen, sind alle Unterhaltungen futsch. Facebook-Manager Martinazzi sieht den neuen Kommunikationskanal trotzdem erst ganz am Anfang seiner Möglichkeiten und hofft, dass wir alle „mit immer besseren Tools immer mehr und mehr kommunizieren werden“.

Unverzichtbar, nicht zuletzt fürs Marketing

Überhaupt nicht auf die E-Mail verzichten wollen allerdings Unternehmen, und das gilt ganz besonders für das Marketing. In einer Umfrage aus dem Jahr 2014 gaben 55 Prozent der teilnehmenden Firmen an, dass sie mehr als zehn Prozent ihres Umsatzes durch E-Mail generieren. Marken wiederum gaben an anderer Stelle zu Protokoll, das Medium sei „bei der Neukundenakquise fast 40 Mal besser als Twitter oder Facebook“.

„E-Mail funktioniert“, bringt es Eric Stahl auf den Punkt, Vice President of Product Marketing für die Marketing Cloud von Salesforce, zu der auch der Zukauft ExactTarget gehört. „Gäbe es einen anderen Kanal, um Öffnungsraten, Klicks, Käufe, Conversions oder bessere Ergebnisse zu messen, würden die Leute umsteigen. Warum Marken E-Mail nutzen, steht außer Frage. Die Kunden sagen uns, dass E-Mail ein kritischer Teil ihrer Infrastruktur ist.“

Salesforce bietet natürlich Dienste sowohl für E-Mail als auch für Social Media an. Darin sieht Manager Stahl allerdings keinen Widerspruch – Social Media Targeting und E-Mail-Marketing erreichten verschiedene Dinge. Für besonders vielversprechend hält er Permission-based E-Mail Marketing, bei dem Nutzer zuvor ausdrücklich eingewilligt haben, dass ein Unternehmen mit ihnen Kontakt aufnimmt.

Durchaus erstaunlich ist übrigens, in welchem Umfang selbst vermeintlich rein Web-basierende Social-Media-Plattformen immer noch auf E-Mail zurückgreifen. Twitter beispielsweise verschickt mindestens 22 verschiedene Arten von E-Mail-Benachrichtigungen an seine Nutzer, wenn diese zum Beispiel eine Direktnachricht erhalten oder einen neuen Follower haben. Auch Kommunikations-Apps kommen um E-Mail nicht herum, weil die nativen Push-Benachrichtigungen der mobilen Plattformen einfach nicht ausreichen. „Mail funktioniert mit jeder App und jedem Betriebssystem“, erklärt Yahoo-Mann Bonforte. „Es ist über alle Systeme hinweg vollständig zugänglich.“

Rege Startup-Aktivität

Dafür, dass E-Mail immer noch quicklebendig ist, sprechen auch die Startups, die sich an Innovationen in diesem Bereich versuchen, als da wären Handle, Polymail, Boomerang, Front und viele andere mehr. Mit ihren teils interessanten neuen Ansätzen haben sie auch etablierte Player dazu gebracht, sich durch Übernahmen zu verstärken, siehe etwa Yahoo-Xobni, LinkedIn-Rapportive, Microsoft-Accompli oder Dropbox-Mailbox.

„In E-Mails stecken unglaublich viele wertvolle Daten, die derzeit einfach weggesperrt sind“, kommentiert Michal Grinich, Mitgründer und CEO der Firma Nylas, die ebenfalls angetreten ist, E-Mail sinnvoll weiterzuentwickeln. „Entwickler können nicht darauf aufsetzen und Endnutzer nicht darauf zugreifen. Die Werkzeuge, mit denen wir arbeiten, sind 15 Jahren alt und haben sich seit mehr als zehn Jahren nicht mehr großartig verändert.

Nylas N1 Screenshot

Screenshot: Nylas

Nylas entwickelt eine Plattform für E-Mail-getriebene Applikationen. Das Startup bietet mit „N1“ einen Open-Source-Mail-Client als Alternative zu Outlook, Thunderbird und Gmail an, der sich mit Erweiterungen von Drittanbietern integrieren lässt. Administratoren können n1 so maßschneidern, wie sie es für ihre Mitarbeiter am sinnvollsten halten. Ergänzend hat Nylas eine Cloud-Lösung entwickelt, die Grinich als „Grundlage für eine ganz neue E-Mail-Erfahrung“ beschreibt und die zusätzliche Möglichkeiten bietet, den E-Mail-Workflow für die ganze Firma zu personalisieren.

„Die Frustrationen mit E-Mail liegen darin begründet, dass die Werkzeuge für die Endanwender in den vergangenen zehn bis 15 Jahren nicht in gleichem Maße besser geworden sind wie andere Tools“, sagt Grinich, der genauso wie Bonforte an eine Renaissance der E-Mail glaubt. Nylas wolle dazu sein Scherflein beitragen mit einer „fokussierten Version eines Produkts für eine Untermenge der Nutzer“. Für die sich immerhin aber doch eine Menge Menschen interessieren, wie „für eine Mail-App nie dagewesene“ mehr als 3 Millionen GitHub-Projekte durchaus eindrucksvoll unterstreichen. Auf Interesse stoße Nylas mit seiner Ökosystem-übergreifenden Plattform vor allem bei etablierten Anbietern auf der Suche nach Möglichkeiten, sich mit Mehrwert für ihre Kundschaft zu differenzieren.

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